Was ist eine Hyperhidrose?

Das Schwitzen an und für sich ist ein natürlicher und lebensnotwendiger Prozess, bei dem aus ekkrinen Schweissdrüsen eine wässrige Flüssigkeit abgegeben wird. Durch die rasche Verdunstung des Schweisses wird dem Körper Wärme entzogen und der Organismus wird vor Überhitzung geschützt. Der Begriff: Hyperhidrose bezeichnet ein übermässiges Schwitzen, das über das Notwendige für die Wärmeregulation hinausgeht. Bei der primären Hyperhidrose liegen keine internistischen Erkrankungen oder anderen Ursachen vor. Die Erkrankung beginnt in der Regel im Kindes- und bis zum frühen Erwachsenenalter (unter 25 Jahre). Eine familiäre Häufung ist zu beobachten. Der genaue Auslöser ist nicht bekannt. Am häufigsten tritt sie in ganz umschriebenen Körperarealen auf: Achselhöhlen, Handinnenflächen und Fusssohlen. In diesen Arealen sind die ekkrinen Schweissdrüsen von Natur aus sehr dicht angelegt und bei Patienten mit einer Hyperhidrose überstimuliert. Die Stimulation erfolgt über das vegetative Nervensystem und der Neurotransmitter: Acetylcholin fungiert als Botenstoff von Nervenendigung zur Schweissdrüse.

Patienten haben sehr oft einen langen Leidensweg und sind in ihrer Lebensqualität mitunter erheblich eingeschränkt. Mehrfach täglich muss, natürlich auch in Abhängigkeit von der beruflichen Tätigkeit, die Oberbekleidung gewechselt werden! Ausgeprägte Schwitzflecken unter den Achseln wirken unhygienisch, unästhetisch und lassen Überforderung annehmen. Ein sehr feuchter Händedruck vermittelt nie einen selbstsicheren, entspannten Eindruck beim Gegenüber. In manchen Fällen hält leider auch die Form schöner Lederschuhe der permanenten Feuchtigkeit nicht lange stand. Abgesehen von diesen reinen „Äusserlichkeiten“ machen natürlich auch die Hauterkrankungen, wie zum Beispiel Fusspilz, Warzen und bakterielle Infektionen teils erhebliche Probleme, die sich besonders an den immer feuchten und kühlen Füssen entwickeln.

Wie kann ich die Erkrankung erkennen?

Das vermehrte Schwitzen tritt temperaturunabhängig, unvorhersehbar und unkontrollierbar auf. Es ist immer symmetrisch feststellbar, das heisst beidseitig an einer oder mehreren der Prädilektionsstellen: Achseln, Hände oder Füsse. Es hat beeinträchtigende Auswirkung im Alltag und tritt mehr als einmal in der Woche auf. Ein vermehrtes Schwitzen im Schlaf wird bei der primären Hyperhidrose nicht beobachtet.

Die drei Schweregrade

Klinisch kann die primäre Hyperhidrose in drei Grade eingeteilt werden:

Grad 1: Leichte Hyperhidrose

Deutlich vermehrte Hautfeuchtigkeit (Achseln, Hände, Füsse)
Schwitzflecken von 10-15 cm Durchmesser (Achseln)

Grad 2: Mässig starke Hyperhidrose

Bildung von Schweissperlen (Achseln, Hände, Füsse)
Schwitzflecken von 10-20 cm Durchmesser (Achseln)
Schwitzen auf Innenflächen und Sohlen begrenzt (Hände, Füsse)

Grad 3: Starke Hyperhidrose

Schweiss tropft ab (Achseln, Hände, Füsse)
Schwitzflecken ≥ 20 cm Durchmesser (Achseln)
Schwitzen auch an Finger- und Zehenrücken sowie am seitlichen Hand- und Fussrand

Die Leitlinie – Definition und Therapie der Hyperhidrose

Die Leitlinien der deutschen Dermatologischen Gesellschaft finden sie hier: AWMF-Leitlinien-Registernummer: 013/059
Es stehen zum einen konservative, zum anderen operative Verfahren zur Verfügung. Die Vorgehensweise sollte individuell auf jeden Patienten und das betroffene Körperareal abgestimmt sein. Ein stufenweiser Einsatz der Methoden ist meist sinnvoll und wird im ausführlichen Gespräch erörtert. Diese Empfehlungen finden Sie auch in der aktuellen Leitlinie: Definition und Therapie der primären Hyperhidrose. Ich freue mich darauf, Ihnen, in einem persönlichen Beratungsgespräch meine Empfehlungen für ihre Behandlung geben zu dürfen.

Dies ist eine äusserliche Behandlung mit Aluminiumchloridhexahydrat. Aluminiumsalze bewirken eine Schweissverminderung durch Verschluss der ekkrinen Schweissdrüsen-Ausführungsgänge. Es wird jedoch kein Rückstau des Schweisses verursacht. Zur Verfügung stehen Deoroller und auch Cremes für Hände und Füsse mit Aluminiumchlorid-Konzentrationen von 10-30%. Die Rezeptur wird täglich abends, vor dem Zubettgehen aufgetragen; Einwirkzeit 2-5 Minuten. Behandlungsversuche über mehrere Wochen sind sinnvoll. Als Nebenwirkung tritt leider öfter eine Hautreizung im Behandlungsareal auf. Lokale Behandlung mit Gerbsäure-enthaltender Creme, Lotion oder Pulver mit adstringierender, austrocknender Wirkung.

Die Wasserbad-Behandlung unter Einsatz von Hyperhidrose-Gleichstrom-Geräten ist in erster Linie zur Hand- und Fuss-Therapie sinnvoll. Bei regelmässiger, zunächst täglicher Anwendung, über 15-20 Minuten, wird eine Abnahme der Schweissproduktion an Händen und Füssen nachgewiesen. Bei guter Wirkung kann die Häufigkeit der Anwendung meist auf 2-3x pro Woche reduziert werden.

Die effektivste Methode in der Hyperhidrose-Behandlung stellt die Einspritzung von Botulinum direkt in die Haut der betroffenen Areale dar. Botulinum verhindert, dass die Nervenendigungen ihren Botenstoff: Acetylcholin freisetzen. Das Signal zur Schweissproduktion erreicht das Ziel nicht mehr – die Schweissdrüse produziert nicht mehr! Das hierfür zugelassene Medikament wird mit einer sehr feinen Nadel und in kleinsten Mengen ganz oberflächlich in die Haut eingespritzt. Es sind immer zahlreiche Einstiche erforderlich um die gewünschte Wirkung auf der ganzen Fläche zu erzielen. Die Injektion ist an den Achseln relativ schmerzarm und eine Betäubung ist hier nicht erforderlich. Die gewünschte, „trockenlegende“ Wirkung setzt innerhalb der ersten Woche langsam ein und ist maximal nach etwa 14 Tagen ausgeprägt. Am meisten beeindruckt die Wirkung beim „ersten Mal“ und manche Patienten berichten sogar ein leicht „klebriges“ Gefühl in den Achseln! Der Gleitfilm des Schweisses fehlt dann ja auch – vermisst wird er aber nicht wirklich! Diese angenehm trockene Situation hält sich etwa über 6-9 Monate, – weit länger als die muskelentspannende Wirkung bei der Faltenbehandlung mit Botulinum. Danach lässt der Effekt langsam nach und die Behandlung kann wiederholt werden. Ich verwende nur die zugelassenen Arzneimittel mit dem Wirkstoff Botulinumtoxin A in der Behandlung der Zornesfalte und beim vermehrten Schwitzen. Die ärztliche Erfahrung im Umgang mit Botulinum, den Wirkungen und Nebenwirkungen des Medikaments, beruht auf mehr als 30 Jahren Einsatz in der Medizin.

Die Schweissdrüsen-Saug-Kürettage wird zur operativen Behandlung der Hyperhidrose im Achselbereich mit gutem Erfolg eingesetzt. Der Vorteil gegenüber der Behandlung mit Botulinum ist die Dauerhaftigkeit des Ergebnisses, der Nachteil eine Verminderung der Schweissproduktion um „nur“ realistische 60-70% des Ausgangswertes. Die Operation kann prinzipiell auch zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt werden, um dann erneut bis zu 70% Schweissreduktion zu erreichen. Es wird eine sehr oberflächliche Absaugung der Schweissdrüsen-Knäuel, die direkt unter der Haut sitzen, mit der schonenden Vibrationskanülen-Technik in Tumeszenz-Lokalanästhesie durchgeführt. Eine genaue Beschreibung der Technik findet sich unter dem Menüpunkt: Körperformung / Liposuktion. Im Anschluss an die Absaugung wird mit der Kürette, dem sogenannten „scharfen Löffel“ nachgearbeit, um das gesamte Areal der Achsel möglichst gründlich von den Schweissdrüsen zu befreien. Die Behandlung dauert insgesamt etwa 90 min, Tumeszenz-Lokalanästhesie, Einwirkzeit und operative Entfernung inbegriffen. Der Eingriff kann ambulant durchgeführt werden. Eine medizinische Kontrolle ist am ersten Tag nach der Operation vorgesehen. Im Rahmen der Wundheilung wird sich ein geringer Schwellungszustand entwickeln, vorübergehend auch leicht schmerzhafte Verhärtungen tastbar sein. Körperliche Schonung ist in den ersten 2-3 Wochen dringend angeraten, um Komplikationen zu vermeiden. Die Operation muss bei den beruflichen und privaten Aktivitäten berücksichtigt und Sport sollte 4 Wochen ausgesetzt werden. Die entstehenden Narben (5 mm lang, 3 Narben pro Achsel) sind bei guter Wundheilung sehr unauffällig. Eine deutliche Reduktion der Schweissproduktion und damit die Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität sind fast unmittelbar nach dem operativen Eingriff zu verzeichnen.